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Fekra” die neue Arabisch-Sprachschule in Berlin”

“Fekra” die neue Arabisch-Sprachschule in Berlin, in der die arabische Sprache ganz unabhängig vom traditionellen, religiösen Rahmen gelehrt wird.

Die Mehrheit der Menschen mit Migrationshintergrund wünscht sich, eine Verbindung zum Heimatland aufrecht zu erhalten. Die wohl größte Rolle spielt dabei die Sprache, denn meistens ist die Sprache das, was ein Volk verbindet. Die meisten arabischsprachigen Migranten und besonders diejenigen, die jüngst, also im Zuge der letzten Migrationsbewegung nach Deutschland gekommen sind, haben nach wie vor einen starken Bezug zu ihrer Muttersprache. Dies gilt jedoch nicht für die zweite Generation, also die Kinder der Menschen, die einst nach Deutschland migriert sind. Für sie ist Arabischunterricht wichtig. Allerdings gibt es in diesem Bereich große Herausforderungen.

In Berlin wurde eine neue Sprachschule für Arabisch eröffnet, deren Angebot sich sowohl an Muttersprachler als auch an nicht-Muttersprachler richtet. Die Schule trägt den Namen “Fekra”, was das arabische Wort für “Idee” ist. Der Name geht auf Asmaa Dhahir zurück, die Initiatorin dieses Projektes. Yusuf Al-Dada, der Mitbegründer begrüßt den Namen.

Anlässlich der Gründung traf Abwab sich mit Asmaa und Yusuf. Beide kamen im Rahmen letzten Fluchtbewegung von Syrien nach Deutschland, lernten hier Deutsch, studierten und fingen an zu arbeiten, um dann ihr eigenes Projekt zu starten. Fekra, eine Sprachschule für Arabisch. Auch Dima Sharaf ad-Din, eine Arabischlehreren in der Schule, beteiligte sich an unserem Gespräch.

Idee, Vision und Hindernisse

Von Asmaa Dhahir stammen die Idee, die Vision und der Name. Sie erzählt von ihren Erfahrungen nach ihrer Ankunft in Deutschland vor sechs Jahren. Damals fing sie an, Kindern von Migranten, die in Berlin leben, Arabischunterricht zu geben. Der Unterricht, den sie auf ehrenamtlicher Basis anbot, war in den Rahmen religiöser Zentren eingebettet. Dadurch war der Arabischunterricht stets grundlegend mit dem Islam verbunden, war also nicht neutral.

Dies war für Asmaa mit vielen Schwierigkeiten verbunden. Letztlich war es jedoch diese Erfahrung, die sie befähigte, negative Aspekte genau erkennen und benennen zu können, um sie schließlich anhand eines neuen, eigenes Projekts überwinden zu können.

Das erste Problem, dem Asmaa begegnete – Yusuf und Dima pflichten ihr in diesem Punkt bei -, war die fehlende Trennung zwischen Arabisch- und Religionsunterricht. Dabei sollte das Angebot Arabisch zu lernen sich an alle richten und nicht bloß an Muslime, sagt Asmaa. Hinzu kommt, dass die Unterrichtszeit auf Arabisch- und Koranstunden aufgeteilt wird, der Sprachunterricht also nicht die Zeit und den Fokus erhält, der ihm gebührt.

Ein weiteres Problem ist die mangelnde fachliche Ausbildung der Lehrer an solchen Zentren. Manche von ihnen mißbrauchen den Arabischunterricht als Plattform für die Verbreitung extremistischer, religiöser Gedanken, womit viele Eltern nicht einverstanden sind. Sie lösen dieses Problem dann dadurch, dass sie ihre Kinder von der Schule nehmen, oder ignorieren es, ohne über die negativen Auswirkungen dieses Gedankenguts auf ihre Kinder nachzudenken.

Ein drittes Problem stellen die mangelnde Finanzierungsmöglichkeiten dar, welche zwangsläufig zu einer weniger produktiven Arbeitsatmosphäre führen. Manche Schulen sind gezwungen, eine große Anzahl von Studierenden mit verschiedenen nationalen Hintergründen, die unterschiedlich alt sind und unterschiedliche Sprachniveaus haben, gemeinsam und von derselben Lehrkraft unterrichten zu lassen. Hinzu kommen Mängel im Lehrplan und der Lehrpraxis, sowohl bei den pädagogischen Grundlagen als auch den Lehrmethoden, was sich auf das allgemeine Potenzial des Unterrichts auswirkt.

Arabisch-Sprachunterricht unabhängig von Religion und Koran

Bei der Sprachschule Fekra sei dies aber anders, sagt Asmaa. “Unser ethischer und pädagogischer Kompass bewegt sich unabhängig von Religion und Konfession, politischen Ansichten und Überzeugungen. Das einzige, was uns interessiert ist es die arabische Hochsprache in korrekter und von Religion und Überzeugung losgelöster Form zu unterrichten.” Sie fügt hinzu: “Wir haben uns entschieden, ganz weit weg zu gehen von den Kontexten, die die arabische Sprache umgeben, denn das Arabische ist für allen Gruppen der Gesellschaft und allen Religionsgemeinschaften. Wir lehnen es ab in einer abgeschlossenen Gesellschaft zu leben, ganz im Gegenteil möchten wir offen auf die deutsche Gesellschaft zugehen. Deshalb bieten wir den Menschen hier an, unsere Sprache zu lernen, wie auch wir ihre Sprache gelernt haben.”

Was hebt Fekra von traditionellen Arabisch-Sprachschulen ab?

Ein weiterer Unterschied zwischen Fekra und älteren Arabisch-Sprachschulen, besteht im Einhalten der Standards anderer Sprachschulen in Berlin. Dabei geht es um Unterrichtsmethoden und bauliche Anforderungen, vor Allem aber um die Loslösung von religiösen Strukturen. Denn die meisten Orte, an denen die arabische Sprache unterrichtet wird, sowohl in Berlin als auch in anderen Bundesländern, sind als Teil religiöser Vereine oder Zentren in derartige Strukturen eingebettet. Daneben gibt es noch reine Sprachschulen, die jedoch von islamischen Organisationen gefördert werden. Manche dieser Lehrzentren sind keine anerkannten Sprachschulen, stattdessen handelt es sich um Moscheen, die zusätzlich kostenlose Unterrichtsstunden auf ehrenamtlicher Basis anbieten. Teilweise entsprechen sie möglicherweise nicht den Standards, die Sprachschulen in Deutschland erfüllen sollten. Oder sie bieten für Kinder keine angemessene Atmosphäre zum Lernen, was sich kontraproduktiv auswirken kann: Oft bildet sich bei den Kindern eine starke Ablehnungshaltungen gegenüber der arabischen Sprache heraus.

Diese Bedingungen nähmen Eltern in Kauf, glaubt Asmaa, weil sie die Verbindung ihren Kindern zu ihrem Ursprungsland stärken wollten. Und wenn diese Lehrzentren oder Koranschulen das einzige vorhandene Mittel dafür sind, bleibt ihnen keine Alternative. Deshalb stellt eine fachgerechte Sprachschule einen Quantensprung dar.

Yusuf Al-Dadas Botschaft an alle Eltern, denen die religiöse Erziehung wichtiger als das Erlernen des Arabischen ist, lautet: “Wenn eure Kinder die arabische Sprache nicht beherrschen, werden sie nicht in der Lage sein, ihre Religion zu verstehen. Stattdessen werden sie sie von fremden Personen eingetrichtert bekommen, deren Ansichten vielleicht nicht richtig sind. Gleichzeitig ist die arabische Sprache ihre Muttersprache und damit für ihre Identität maßgeblich. An dieser Stelle sind die Eltern also gefragt, die Verbindung zwischen dem Kind und der eigenen Muttersprache zu stärken.”

Dima versucht Eltern die Angst zu nehmen, ihre Kinder mit dem Erlernen einer weiteren Sprache zu überfordern: Wenn es den Eltern bereits gelungen sei, die Fremdsprache Deutsch in Wort und Schrift zu erlernen, dann werde ihren Kindern der Erwerb des Arabischen leicht fallen. Schließlich ist es ja die Muttersprache der Eltern. Die über viele Jahre angesammelte Erfahrung in diesem Bereich bestätige dies, sagt Dima. Dann fügt sie hinzu: “Ich denke, dass den Eltern durch Fekra ermöglicht wird, ihre Kinder mit einer Weltsprache aufwachsen zu lassen, die ihnen viele Chancen eröffnet”.

Das Gespräch führte: Souad Abbas, syrische Autorin.

Übersetzung: Serra Al-Deen, Mahara-Kollektiv, aldeen@mahara-kollektiv.de

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