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EXILLITERATUR: Hamid Sulaiman

Hamid Sulaiman

Von Lilian Pithan

In Houria an der syrisch-türkischen Grenze tobt der Krieg. Das Regime von Baschar Al-Assad lässt die kleine Stadt bombardieren, die Freie Syrische Armee formiert sich im Umland und irgendwann tauchen auch noch Dschihadisten auf. Yasmin, die Hauptfigur in Hamid Sulaimans Comic Freedom Hospital, gibt trotzdem nicht auf. Gegen alle Widerstände versucht sie, ihr Krankenhaus am Laufen zu halten, in dem Kurden und Araber, Sunniten und Christen, Regime- und Revolutionsgegner aufeinandertreffen. Immer wieder wird das Krankenhaus zerstört, immer wieder bauen Yasmin und ihr Team es auf. Unerschütterlich in ihrem Glauben, dass die Tage des Regimes gezählt seien. Sulaiman erzählt auf 288 Seiten davon, welche Auswirkungen der Krieg auf das Leben der Menschen hat. ABWAB hat ihn beim Festival Literatur: BERLIN getroffen.

Du bist von Beruf Architekt. Wie schwer ist es, plötzlich nicht Gebäude, sondern Menschen zu zeichnen?

Während des Architekturstudiums haben wir ab und zu geübt, Menschen zu zeichnen. Aber es stimmt schon: Man sagt mir immer, dass ich die Figuren sehr steif zeichne. Daraus hat sich ein Stil entwickelt, den ich so nicht geplant hatte. Hinzu kommt, dass ich eine Technik einsetze, die in der Architektur sehr wichtig ist. Ich zeichne vor allem Schatten. An ihnen erkennt man die Tiefe der gezeichneten Personen oder Objekte. Auch im Internet habe ich viel gelernt und dann angefangen, die Zeichnungen anderer Leute zu kopieren. Inspirierend finde ich ganz unterschiedliche Dinge, z.B. Graffiti, Animationsfilme oder Comics.

Viele der Zeichnungen basieren auf echten Fotos. Wie wichtig ist diese Verbindung realer und fiktionaler Elemente?  

Als Künstler habe ich schon oft mit Fotos gearbeitet. Auch Andy Warhol hat mich inspiriert, z.B. seine Siebdruckserie über die Ermordung von J.F. Kennedy, in der er das gleiche Foto hunderte Male wiederholt. Genauso werden ja im Fernsehen in den Nachrichtensendungen immer wieder die gleichen Fotos und Videos gezeigt. Das war auch mein Ansatzpunkt.

Die Lage in Syrien ist nicht nur für Außenstehende unübersichtlich. Wie kann man den Krieg in einer einzigen Geschichte erzählen?

Um diese Komplexität darzustellen, habe ich dem Comic eine Galerie aller Personen vorangestellt. Insgesamt gibt es zwölf Charaktere, die Geschichte wird also nicht nur aus den Augen einer einzigen Figur erzählt. Die Idee dazu habe ich aus dem Theater, gleiches gilt auch für Mangas. Dem Leser hilft die Personengalerie beim Einstieg in die Story, ich bereite ihn sozusagen auf die Geschichte vor.

Hanser Berlin, 288 Seiten, 24 Euro

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