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Auf meinem Balkon

Mein Haus in Damaskus hatte einen Balkon. Damals, als ich noch ein Haus hatte. Vom Balkon aus konnte man das Zanzalah-Feld sehen, an dessen Ende eine große Pappel wuchs. Dahinter war ein Hügel, auf dem eine Kaserne gebaut wurde. Hinter beiden ging der Mond auf und ich beobachtete jede Nacht, wie er ruhig über das Firmament wanderte. Von der Kaserne auf dem Hügel aus wurden jede Nacht Granaten abgefeuert. Sie trafen den Mond nicht, sondern stürzten auf den Balkon eines Hauses.

In meinem Haus stand ein hölzerner Tisch in der Küche, von deren Fenster aus ich einen guten Blick auf den Balkon meines Nachbarn hatte. Auf dem Tisch stand ein Topf mit einem kleinen Feigenkaktus und einer violetten Blume. Jeden Morgen schaute mein netter Nachbar, wie ich die Blumen goss und ihn anlächelte, während ich ihm einen guten Morgen wünschte.

Eines Abends wurde ich von Sicherheitsbeamten festgenommen. Als sie mich mit gefesselten Händen durch die Straße führten, drehte ich den Kopf nach oben, um mich von meinem netten Nachbarn zu verabschieden. Er schaute zu und lächelte, als ob er sagen wollte: „Ich habe dich verraten.“ Zum ersten Mal bemerkte ich einen anderen Nachbarn, der ebenfalls auf seinem Balkon stand.

Ich konnte nicht feststellen, ob er nett aussah, und habe ihn deshalb nicht angelächelt. Er blickte mich an und wischte sich die Tränen ab.

Als ich aus dem Gefängnis zurückkehrte, waren aus einer Granate viele geworden. Der Feigenkaktus auf meinem Tisch hatte es nicht ausgehalten und war eingegangen.

Auf der rechten Seite meines Balkons befand sich ein Spielplatz, auf der anderen Seite ging der Blick auf die Terrasse des Nachbarn. Im Sommer spielte sich das ganze Leben dort ab. Während ich meine Blumen goss, beobachtete ich, wie sich mein Nachbar um seine Blumen und Bäumchen kümmerte. Wir begrüßten uns, lächelten uns gegenseitig zu und wünschten uns einen schönen Tag. Abends saß ich auf meinem Balkon, er auf seiner Terrasse und wir prosteten uns zu.

Der Herbst war vorbei und der Winter kam. Mein Nachbar kam nicht mehr auf die Terrasse und ich ging nicht mehr auf den Balkon. Ich stand aber jeden Tag hinter der Glastür und schaute auf die traurige Terrasse und den stillen Balkon. Die Kälte ist tödlich wie eine Granate, jede hat ihre eigene Absicht und Methode. Im Sommer wächst und sprießt alles, Blumen und Bäume treiben aus. An dem Ort, wo sich mein Haus und mein Balkon befanden, wird der Krieg zu Ende gehen und die Überlebenden werden die Balkone ihrer Häuser wieder aufbauen. Auf dem Hügel wird nicht länger eine Kaserne stehen, sondern es werden dort Pappeln gepflanzt werden.

Dieser Artikel wird in Kooperation mit WDRforyou übersetzt und veröffentlicht.

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