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    Der Fluch des fremden Namens

    Wie kann ich es akzeptieren, nach all den Jahren plötzlich mit einem neuen Namen gerufen zu werden? Mit diesem Problem sind viele Geflüchtete konfrontiert, die neu nach Europa gelangt sind. Ist es nicht schwierig genug, eine fremde Sprache, fremde Orte, eine unbekannte Kultur und Gebräuche zu erleben, ohne dass man auch noch fremde Namen und Familiennamen verpasst bekommt? Als wir ankamen und zum ersten Mal unsere Namen in lateinischen Buchstaben schreiben sollten, schrieben wir sie, wie sie auf Englisch ausgesprochen werden, ohne dabei zu berücksichtigen, dass die Aussprache mancher Buchstaben sich im Englischen und Deutschen stark unterscheidet. Dadurch bekamen viele von uns neue Namen, mit denen wir nun leben müssen, solange wir hier sind. So haben wir nicht nur unsere Heimat und unsere Identität verloren, sondern auch unsere Namen. Wir sind hier Geflüchtete in einer seltsamen Realität, in der man sich nicht dafür interessiert, wie viel Mühe sich unsere Eltern gegeben hatten, diese Namen auszuwählen. Als ob die ewigen Flüche, die unsere Namen tragen, nicht genug sind. Man erwartet von Said, dem Glücklichen, dass er immer lächelt, und von Hanan, der Liebevollen, dass sie in ihrem Herzen genug Raum hat, um noch einen weiteren Verlust zu ertragen! More

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    Mit Bureaucrazy durch den Paragrafendschungel

    Von Hussein Ahmad. Die Hürden der deutschen Bürokratie sind hoch und auch von Einheimischen nicht immer so leicht zu nehmen. Was sollen da nur Geflüchtete machen? Ganz einfach: Sie entwickeln eine App, die ihnen die bürokratischen Prozeduren in Deutschland erklärt. Munzer Khattab, 23 Jahre, ist einer der Erfinder von „Bureaucrazy“. Momentan arbeiten er und sein Team, zu dem auch Ghaith Zamrik, Ahmad Alarashi, Mohamed Khattab und Yazan Salmo gehören, noch an der App. Schon bald soll sie zum kostenlosen Download bereitstehen. More

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    Weihnachten hinterm Fenster

    Laut internationalem Kalender handelt es sich bei Weihnachten um den offiziellen Termin für Freude, Schmuck und schöne Sachen, Shopping und Schenken, Fotos vor einer unter bunten Kugeln kaum sichtbaren grünen Tanne und vieler, vieler Wünsche. Wir aber sind nicht Teil des internationalen Kalenders. Du bist Syrer und Flüchtling. Der Kalender deines Exils gilt für dich nicht so wie dessen Gesetze. Dich regeln stets die Zeiger des Leids. Am Morgen ziehst du dich an: schwarzer Pullover, schwarze Jeans, schwarze Schuhe, schwarze Jacke und weißer Schal, um deine Trauer zu zerbrechen, weil sie das allgemeine Bild nicht stören soll. Du setzt also ein Lächeln auf und wünschst allen, denen du begegnest, viel Glück und ein Frohes Fest und dankst herzlich, dass sie für deine Lage Mitgefühl zeigen. More

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    Filme für mehr Menschlichkeit

    Von Lilian Pithan. Menschenrechte eignen sich wie kaum ein anderes Thema, engagierte und eindrucksvolle Filme zu schaffen. Ob Indonesien oder Mali, ob Fiktion oder Dokumentation: Menschenrechtsverletzungen lassen sich in jedem Land und auf jede künstlerische Art und Weise aufdecken. Eine besonders schöne Auswahl an Filmen, die sich mit der Verletzung, aber auch der Verteidigung der Menschenrechte befassen, wurde in diesem Monat beim Human Rights Film Festival in Zürich (7. bis 11. Dezember 2016) präsentiert. Die fünftägige Veranstaltung sei ein „Plädoyer für die Menschlichkeit und ein Versuch, durch die Kraft des Kinos den Widrigkeiten der Welt etwas entgegenzusetzen“, so Festivaldirektorin Sascha Lara Bleuler. Diese Widrigkeiten, wie sie in den 20 Filmen des Festivalprogramms dargestellt wurden, reichten von Gewalt gegen Frauen in Indien über Raubbau an Natur und Menschen in China bis hin zu Folter und Ermordung politischer Gefangener in Syrien. Geschichten aus Afghanistan, Kolumbien und Nordkorea durften ebenfalls nicht fehlen. Dass der Eröffnungsfilm, Divines (2016) von Houda Benyamina, aus Frankreich kam, war ein interessanter Akzent im sonst mehrheitlich außereuropäischen Programm. Die Kurzfilmreihe The Visibility of Human Rights Violations lenkte den Blick ebenfalls auf Europa, insbesondere auf dessen Umgang mit Geflüchteten im Mittelmeerraum und innerhalb der eigenen Staatsgrenzen. More

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    Ein Orchester im Exil

    Nach einem Jahr der Proben und Vorbereitungen gab das Syrian Expat Philharmonic Orchestra (SEPO) anlässlich der Eröffnung der Saison 2016/17 in der Berliner Philharmonie ein Open-Air-Konzert. An einem sommerlichen Tag im August versammelten sich fast 15.000 Menschen im Hof des gewaltigen Gebäudes und lauschten den Berliner Philharmonikern und dem SEPO. In letzterem spielten sechzig syrische Musikerinnen und Musiker, die mittlerweile in Europa und den USA leben, unter der Leitung des spanischen Dirigenten Mariano Domingo. Besonders die syrischen Zuhörer sehnten sich danach, in der Fremde Melodien aus der Heimat zu hören, doch es waren auch viele Musikliebhaber aus anderen Ländern anwesend. More

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    Die Wohnung meiner Träume

    Von Fady Jomar. Zu guter Letzt, nach langem Warten, wurde ich als Mensch anerkannt. Die deutsche Regierung beschloss, mir eine Urkunde zu verleihen, die mir gestattet, mich für die Dauer eines ganzen Jahres auf deutschem Boden aufzuhalten. Ich habe sogar das Recht, mir eine Wohnung auszusuchen, in der ich leben kann. Ich liebe es zu planen und versinke häufig in Tagträumen. Das Jahr bis zur Entscheidung, die mich zum Menschen machte, spazierte ich durch die Straßen des Ortes, von dem die deutsche Regierung entschieden hatte, er sei für mich als Lebensmittelpunkt angemessen. Ich lief durch die Straßen der Dörfer und Städte in der Nähe, um die schönen Gegenden kennenzulernen, die vielleicht als Wohnort für mich in Frage kämen. Ich schaute in die Schaufenster der Möbelgeschäfte und begutachtete Haushaltsgeräte. Dabei hatte ich bereits mehrmals in Gedanken den Betrag ausgegeben, den ich als Starthilfe bekommen würde. Ich suchte nach den besten Angeboten, die zu meiner jeweiligen Laune passten. Einmal stellte ich mir das Dekor meiner Wohnung klassisch vor, mit hölzernen Leuchten und antiken Sesseln und Keramiktellern. Ein andermal wählte ich einen modernen Stil mit einer weichen Ledergarnitur und postmodernen Skulpturen. Warum auch nicht? Träume kosten nichts. Warum sollte ich nicht verschwenderisch leben wie ein britischer Prinz? More

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    Alle unter einem Zelt

    Von Lilian Pithan. Das Klingende Museum in Berlin ist für seine Instrumentensammlung bekannt, für sein umfangreiches Workshopprogramm und seinen Musikgarten. Auch an diesem Novemberabend tönt es laut durch die Räume des Museums, doch das liegt zur Abwechslung mal nicht an der hohen Instrumentendichte. Mehr als 40 Personen sind gekommen, um am ersten Treffen des Musikernetzwerks „The Tent – Alkhaimeh” teilzunehmen. Mitten unter ihnen steht Nabil Arbaain, ein 35-jähriger Lautenspieler aus Damaskus, dessen Mission es ist, Einheimische und Neuankömmlinge in der Berliner Musikszene zusammenzubringen. „Berlin ist so multikulturell. Hier gibt es unglaublich viele Künstler aus verschiedenen Kulturen”, meint Arbaain. Wer hier neu sei, wisse aber oft nicht, wie er Anschluss an die Szene finden könne. „Deswegen habe ich vor einigen Monaten The Tent gegründet.” More

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    Brücken bauen in Berlin

    „Ich suche nach Kontakten zwecks Freizeitgestaltung. Bin beruflich und privat zwar eingebunden, möchte aber meinen Horizont erweitern“, schreibt Tina aus dem Berliner Stadtteil Friedrichshain-Kreuzberg auf der Website von Women’s Welcome Bridge. Genau wie sie können alle Berlinerinnen hier seit November Angebote für geflüchtete Frauen einstellen, um sie in das gesellschaftliche Leben in Berlin einzubeziehen. Frauen, die nach Deutschland geflohen sind, wollen auch ankommen, doch das ist nicht immer einfach. Der Alltag in Flüchtlingsunterkünften, Sprachkurse, die regelmäßigen Besuche verschiedener Behörden oder die Versorgung der Kinder stehen im Vordergrund. Viele Dinge sind schwierig, für Freizeitgestaltung bleibt wenig Zeit. In der Tat sind die meisten geflüchteten Frauen erst einmal auf sich allein gestellt. Auch wenn es viele Angebote für Geflüchtete gibt, so ist die Zahl der Projekte, die speziell an den Bedürfnissen von Frauen ausgerichtet sind, gering. Mädchen und Frauen werden so zu einem großen Teil ausgeschlossen. „Es kann nicht sein, dass Frauen deswegen den Weg in die Gesellschaft nicht finden. Es gibt viele Frauen, die bereit sind, sie dabei zu unterstützen“, sagt Dr. Gabriele Kämper, Leiterin der Geschäftsstelle Gleichstellung der Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen. More

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    Ein Nazi in Damaskus

    In seinem neuen Roman “Auge des Orients”, der im November 2016 in Beirut/Amman im Verlag des Arabischen Instituts für Studien und Publikationen erschienen ist, erzählt der syrische Autor Ibrahim Al-Jabin eine historische Kriminal- und Agentengeschichte zwischen Deutschland und Damaskus. More

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    Swetlana Gannuschkina: Fremdenfeindlichkeit steckt in jedem von uns

    Von Lilian Pithan. Die russische Menschenrechtlerin Swetlana Gannuschkina ist die wichtigste Fürsprecherin von Geflüchteten, Binnenvertriebenen und Arbeitsmigranten in Russland. 1990, kurz nach dem Ende der Sowjetunion, gründete sie die NGO „Zivile Unterstützung“, die Geflüchteten juristischen, medizinischen und psychologischen Beistand leistet, Russischunterricht anbietet und bei der Arbeitsvermittlung hilft. Sie ist außerdem Gründerin und Leiterin des Netzwerks „Migration und Recht“ der internationalen Menschenrechtsorganisation Memorial. Im Oktober 2016 wurde Gannuschkina für ihr langjähriges Engagement mit dem „Right Livelihood Award“, auch als Alternativer Nobelpreis bekannt, ausgezeichnet. More

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    Die Stimme der Exilliteratur

    Von Lilian Pithan. Sind Texte „aus Deutschland“ immer auf Deutsch und von Deutschen geschrieben? Natürlich nicht, möchte man dem Fragesteller lakonisch entgegnen und ihn gleichzeitig für die Einfachheit seiner literarischen Weltanschauung rügen. Doch so simpel, wie die Frage auf den ersten Blick erscheint, ist sie nicht. Auch wenn ein Text „aus Deutschland“ von einer Nigerianerin, einem Jemeniten oder einer Indonesierin auf Englisch, Arabisch oder Bahasa Indonesia verfasst sein könnte, entspricht das doch im globalisierten 21. Jh. immer noch nicht der Erwartung der meisten Leser. More

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    Mit der Laute im Gepäck

    Von Fady Jomar. Der Musiker und Arzt Wassim Mukdad wurde im Jahr 1985 in Leipzig geboren. An die vier Jahre, die er dort verlebte, kann er sich nicht erinnern. Nach der Wiedervereinigung ging seine Familie nach Syrien zurück, wo er begann, Oud zu spielen (eine Kurzhalslaute, die vor allem in den arabischen Ländern, in der Türkei und im Iran verbreitetet ist; AdR), und später Medizin studierte. Heute ist Mukdad als Flüchtling in sein Geburtsland zurückgekehrt, um einem Krieg zu entkommen, der ihm alle Türen vor der Nase zugeschlagen hat. Bis zur Abriegelung von Al Yarmouk, einem Flüchtlingslager für Palästinenser in Damaskus, arbeitete er dort ehrenamtlich als Arzt. Anschließend wurde er vom Regime von Baschar Al Assad und von der Al Nusra Front inhaftiert. Seine Energie als Musiker, Arzt und junger Mann, der von einem freien Heimatland träumte, war zu diesem Zeitpunkt bereits verbraucht. Gemeinsam mit seiner Frau, der Perkussionistin Berivan Ahmad, floh Mukdad in die Türkei, wo er zwei Jahre verbrachte. Als Oud-Spieler war er Teil verschiedener Gruppen und komponierte Musikstücke für seine türkisch-syrische Band Saba Barada. Nach einer harten Reise, die fast zwei Monate dauerte, kam Mukdad schließlich in Deutschland an. Nun lebt er in Berlin und wartet auf eine Aufenthaltserlaubnis, um sein Leben und sein Studium fortzuführen. Abwab hat mit Wassim Mukdad über seine Erfahrungen und Träume, über die Hindernisse auf dem Weg in ein neues Leben und über seine Hoffnungen gesprochen. More

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